Philosophie 

Philosophie ist für mich mehr als ein Hobby – sie ist mein Versuch zu verstehen, was unser Denken und Handeln beeinflusst: Welche Bilder, Worte und Strukturen lenken unsere Wahrnehmung?  

Es ist immer ein Wagnis, eigene philosophische Gedanken in die Welt zu geben. Doch so kann ich einen kleinen Faden spinnen – eine Verbindung zwischen meinen Überlegungen und neuen Perspektiven, die sich im Austausch entfalten.  

Statt meine Hausarbeiten im Regal verstauben zu lassen, teile ich hier die Denkwege, die sie aufzeigen. Sie entstehen im Rahmen meines Masterstudiums der Philosophie an der FernUniversität in Hagen. Mein roter Faden ist die Frage, wie Urteilsfähigkeit, Verwurzelung und kritisches Denken unsere kognitive Resilienz stärken – und wie Bilder, Narrative und Performativität unser Denken formen oder verzerren können.

Meine Hausarbeiten liefern keine fertigen Antworten, sondern öffnen Räume des Fragens und Nachdenkens. Die kurzen Inhaltsangaben geben Einblick in meine Überlegungen – vielleicht inspirieren sie dazu, eigene Fragen zu stellen, den Faden weiterzuspinnen und neue Denkwege zu erkunden.

Co-ZeugenSchaft
 

In dieser Arbeit befasse ich mich mit der Möglichkeit einer "Co-ZeugenSchaft" durch Fotografie. Mit diesem Begriff beschreibe ich   wie Fotografien Betrachter:innen zu einer sekundären Zeugenschaft befähigen können. Da dies jedoch stets mittelbar ist, grenze ich es von echter unmittelbarer Zeugenschaft durch die Schreibweise ZeugenSchaft ab. 

In der Herleitung dieses Begriffs spielen die Konzepte des noema und punctum nach Roland Barthes eine zentrale Rolle: 

Das noema einer Fotografie bestätigt, dass das Abgebildete „so gewesen ist“ und verknüpft Vergangenheit mit Gegenwart. Das punctum hingegen durchbricht die distanzierte Wahrnehmung (studium) und trifft den Betrachter unerwartet, wodurch eine tiefe, nicht diskursiv fassbare emotionale Erschütterung ausgelöst wird. Das punctum ermöglicht eine unmittelbare, sinnliche Begegnung mit dem Abgebildeten und lässt das Vergangene auf besondere Weise gegenwärtig werden.  Wie eine Verletzung des Fotografiepapiers ermöglichst es einen Blick durch Raum und Zeit auf das noema.

Diese Intensität macht eine Co-ZeugenSchaft  möglich, wie ich sie in Rekurs auf Sibylle Schmidts Begriff der Zeugenschaft beschreibe. Sibylle Schmidt versteht Zeugenschaft als die glaubwürdige Vermittlung von Wissen, das sowohl epistemisch als auch ethisch wirksam ist – sei es durch eigene Erfahrung oder durch das Zeugnis anderer.

Eine Fotografie kann nach Barthes ebenso nicht nur informieren, sondern durch das punctum eine eigene Evidenzerfahrung beim Betrachter evozieren. In diesem Moment entsteht eine Form der Zeugenschaft, die zwar immer vermittelt und subjektiv gefärbt bleibt, aber dennoch affektiv und erkenntnistheoretisch bedeutsam ist.  Diese nenne ich abgrenzend, da sie künstlich erschaffen wird, Co-ZeugenSchaft.

Fotografien als Friedensboten

Fotografien zeigen stets nur einen eingerahmten Teil der Wirklichkeit. In dieser Arbeit untersuche ich, welche Auswirkungen Rahmensetzungen für die Kriegsberichterstattung haben. Zugleich stelle ich die These auf, dass Fotografien Friedensboten sein können, wenn sie Mitgefühl wecken.  

Ich begründe dies mit Judith Butlers Konzept der Rahmung in der fotografischen Kriegsberichterstattung. Butler zeigt in Raster des Krieges, dass durch mediale Selektion bestimmte Leben sichtbar gemacht, andere jedoch ausgeblendet werden. Diese Rahmung folgt kulturellen und politischen Normen, die bestimmen, welche Tode als betrauernswert gelten. Die Rahmung ist dabei kein statischer, sondern ein performativer Prozess: Durch wiederholte mediale Darstellung wird sie stabilisiert, kann jedoch auch verschoben werden. Besonders Embedded Journalism trägt zur Reproduktion bestehender Rahmen bei, indem er visuelle Narrative auf bestimmte politische und militärische Perspektiven ausrichtet.  

Gleichzeitig – so ist meine These – bergen Fotografien das Potenzial, diese normativen Grenzen aufzubrechen. Dies zeigte sich nach Butler etwa an den Bildern aus Abu Ghraib, die durch ihre unkontrollierte Zirkulation eine Kontextverschiebung bewirkten:  Die Reproduktion der Bilder löste die Rahmung aus ihrem ursprünglichen Kontext und machte das Unsichtbare sichtbar. Da Rahmungen durch ihre mediale Wiederholung performativ wirken, können sie durch eine alternative Reproduktion unterbrochen und neu gesetzt werden. In meiner Analyse argumentiere ich, dass unabhängige Kriegsfotografie diese Dynamik nutzen kann, um eine universelle Betrauerbarkeit zu ermöglichen.  

Sobald der Rahmen destabilisiert wird und eine alternative Sichtweise reproduzierbar wird, verändert sich die Wahrnehmung von Gewalt und Leid. So eröffnet die Fotografie die Möglichkeit, kulturell verfestigte Konzepte der Unbetrauerbarkeit zu durchbrechen und eine neue ethische Perspektive auf den Wert jedes Lebens zu etablieren.

Banalität ChatGPTs

In dieser Arbeit untersuche ich, ob Hannah Arendts Begriff der Banalität auf ChatGPT übertragbar ist. Arendt beschreibt Banalität als einen Zustand mechanischer Gedankenlosigkeit, in dem Inhalte ohne Reflexion oder Urteilskraft reproduziert werden.  

Zur Herleitung analysiere ich Arendts Konzepte des Denkens und Urteilens sowie deren Bedeutung für moralische Verantwortung. Arendt versteht Denken, in Anlehnung an Sokrates, als inneren Dialog (Zwei-in-Einem), der Selbstreflexion ermöglicht.

 Urteilen bedeutet für sie, sich – im Sinne von Kants erweiterter Denkungsart – in andere hineinzuversetzen, um zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden. 

Arendt illustriert die Banalität des Bösen am Beispiel Adolf Eichmanns, dessen Gedankenlosigkeit ihn nicht zum fanatischen Täter, sondern zum kritiklosen Vollstrecker machte. Seine Banalität des Bösen resultierte aus der Abwesenheit von Reflexion, Vorstellungskraft und inneren Begrenzungen, die sich aus Erinnerungen an vergangene Entscheidungen entwickeln. Er dachte nach Arendt nicht selbst, sondern folgte blind äußeren Befehlen und rationalisierte sein Handeln im Rahmen des Systems.  

Ich prüfe, ob dieses Konzept auf eine KI wie ChatGPT anwendbar ist. ChatGPT arbeitet durch probabilistische Mustererkennung und Reproduktion, jedoch ohne eigenes Reflexionsvermögen oder Erinnerung an Handlungen. Es kann weder aus vergangenen Interaktionen lernen noch seine Antworten in einer kohärenten moralischen Logik verankern.  

Als Verwurzelung beschreibt Arendt als eine notwendige Begrenzung des Handelns, die aus Erinnerung und Selbstreflexion erwächst und den Menschen als Person bestimmt. Eichmanns Verwurzelung bestand paradoxerweise nicht in einer inneren moralischen Begrenzung, sondern in der völligen Anpassung an den Führerbefehl, wodurch er seine Orientierung ausschließlich an äußeren Vorgaben ausrichtete. 

ChatGPT hingegen besitzt überhaupt keine Verwurzelung, da es weder Erinnerung noch Selbstreflexion hat und ausschließlich nach Wahrscheinlichkeiten agiert. Es fehlt der Maschine die Fähigkeit, eigene moralische Maßstäbe zu entwickeln, da es nur algorithmisch gesteuerten Vorgaben folgt, ohne ein inneres Zwiegespräch führen zu können.  

Diese fehlende Verwurzelung führt zu einer strukturellen Banalität: mechanische Reproduktion ohne Reflexion, die von außen bestimmt – je nach Trainingsvorgaben – zur  Verstärkung problematischer Inhalte werden könnte.

 

WyderDenkKraft

Denkprozess in Arbeit

Die intrinsische menschliche Widerstandskraft gegen Unrecht wird stärker, wenn der Mensch in seiner Persönlichkeit verwurzelt ist.  

Doch was stärkt diese Wurzeln?

Ich nenne dies vorläufig WyderDenkKraft (Arbeitstitel) und versuche, Simone Weils Verwurzelung fruchtbar zu machen.

Bisher setzt sich die WyderDenkKraft aus mehreren Elementen zusammen:  

- Wieder: Stetige Wiederholung des Denkens, als Prozess der Verankerung  in der Erinnerung an das eigene Handeln.


- Wider: Perspektivwechsel mit Überprüfung anhand eigener ethischer Maßstäbe, der Widerstand gegen Manipulation und ideologische Engführungen schafft . 


- Kraft in der Verwurzelung ist die innere Stärke, die aus einer festen geistigen Verankerung erwächst. 

Nach Simone Weil gibt ein verwurzelter Standpunkt Stabilität und Widerstandskraft gegen äußere Manipulation. Diese Kraft ist keine bloße Willensstärke, sondern eine epistemische Stabilität, die eine Orientierung in der Welt ermöglicht. 

In der WyderDenkKraft verbindet sich diese verwurzelte Kraft mit reflektierter Urteilskraft, die Standfestigkeit mit Offenheit für neue Einsichten kombiniert. 

Im kommenden Semester stehen jedoch Prüfungen zur Ethik und Logik an, weshalb dieses Projekt vorerst ruht. 

Hinterfragen, Verwurzeln, Weiterdenken.

How to join the Combat!

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